Im Sommer 2020 hat die Kulturstiftung Thüringen ein Sonderstipendienprogramm ins Leben gerufen, um Thüringer Künstlerinnen und Künstler in der Corona-Pandemie zu unterstützen. Unter dem Titel „Resilienzen“ konnten 30 Stipendien in den Bereichen Musik, Literatur, Bildende- und Darstellende Kunst vergeben werden. Die Stipendien in Höhe von je 3.000 Euro sollten dazu ermutigen, auch in Krisenzeiten an der künstlerischen bzw. kulturellen Praxis festzuhalten und sich mit der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation auseinanderzusetzen. Die Arbeitsergebnisse werden nun in der Ausstellung „Resilienzen – Sonderstipendien der Kulturstiftung Thüringen“ vom 16.9. bis 13.11.2022 im Kunstforum Gotha präsentiert und von einem kulturellen Rahmenprogramm begleitet.

Der Begriff Resilienz leitet sich von dem lateinischen Wort resilire ab und bedeutet so viel wie zurückspringen, abprallen oder auch nicht anhaften. Aus der Physik kommend, bezeichnet er einen Stoff, der nach extremen äußerlichen Einflüssen wieder in seinen Ursprungszustand zurückkehrt. Bezogen auf den Menschen wird Resilienz oft mit Widerstands- und Anpassungsfähigkeit übersetzt und beschreibt die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen. Nicht resiliente Menschen und Gesellschaften werden häufig als vulnerabel (lat. verwundbar, verletzlich) bezeichnet. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit benennt Armut als eine der häufigsten Ursachen für eine besondere Verwundbarkeit.

Laut einer Statistik des BBK Berlin haben Künstlerinnen und Künstler im Jahr 2019 ein durchschnittliches Jahreseinkommen von knapp 12.000 Euro erwirtschaftet. Eine Befragung zur Situation von freien Kunstschaffenden Berlins während der Corona-Krise, die 2020 von der Koalition der Freien Szene durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass sich die prekäre Lage von Künstlerinnen und Künstlern während der Pandemie noch verstärkt hat. [...] „Eine grundlegende Erkenntnis dieser Untersuchung ist, dass Strukturen und Formen der Unterstützung geschaffen werden müssen, die in künstlerisches Handeln investieren und deren Verwertung damit voranbringen. Statt mit knapp bemessenen Beihilfen die Passivität der Betroffenen zu begünstigen, sollte das Ziel sein, ihre Arbeit durch Investitionen zu fördern.“ [...]

Dass Künstler*innen zu den Verletzlichsten der Gesellschaft gehören, sehen wir auch überall dort, wo diese unterdrückt und verfolgt werden. Kunst kann aufrühren, aufklären, kritisieren und trösten, Zeitgeschehen reflektieren und Dingen eine Form geben, die sonst nicht begreiflich wären. Künstler*innen wird oft nachgesagt, besonders resilient und anpassungsfähig zu sein. Sich auf neue Situationen einstellen, Krisen bewältigen und Niederlagen überwinden gehören zum Alltag jeder künstlerischen Praxis.

Ist es also eine besondere Eigenart der Kunst und derer, die sie ausüben, durchsetzungsstark und verletzlich zugleich zu sein? Mehr noch, ist gerade diese Verletzlichkeit ihre Stärke?

Während Stipendien wie diese in Prozesse künstlerischen Handelns investieren, machen Ausstellungen sie sichtbar. „Resilienzen“ vereint die Arbeits- und Rechercheergebnisse von 30 Stipendiat*innen, die das Phänomen der Widerstands- und Anpassungsfähigkeit hinterfragen und sich auf eindrückliche Art und Weise mit der eigenen Verletzlichkeit auseinandersetzen.

In der spartenübergreifenden Ausstellung treten Werke aus den Bereichen Musik, Literatur, Darstellende- und Bildende Kunst in Dialog miteinander und geben einen Einblick in die Vielfalt der Thüringer Kunst und Kulturszene und darüber hinaus.
Sie zeigt, wie Kunst und Kulturschaffende mit Krisen umgehen, Sehnsüchte und Ängste reflektieren und mit ihrer Arbeit einen Beitrag zur gesellschaftlichen Verständigung leisten.

Kristin Wenzel

Rahmenprogramm

zur Ausstellung „Resilienzen – Sonderstipendien der Kulturstiftung Thüringen“.


Donnerstag 15.9.2022 (Eröffnung)

Antje Horn und Monika Herold:
Performance Resilienz-Geschichten mit musikalischer Begleitung

Freitag 16.9.2022

9 – 12 Uhr Lesungen für Kinder- und Jugendliche in der Stadtbibliothek Gotha
Annika Bosch: Nepomuk & der Rabel - das musikalische Kinderhörspiel (4 – 10 Jahre)
Dorothee Eva Herrmann: Juna und Astrid oder Mit dem Mut der Räubertochter (Mädchen 9 – 11)
Antje Babendererde: Sommer der blauen Wünsche (Jugendliche 14 – 18 Jahre)
14 – 16 Uhr Café im Mehrgenerationenhaus, Gotha
Anke Engelmann: Still Stand Halten. Texte aus dem 1. Lockdown der Corona-Zeit
17 Uhr Start: KunstForum Hannah Höch Gotha
Linda Schumann: „Kanten kosten – gustatorisches Gotha“ (Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahre) | Workshop zur experimentellen Annäherung an die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Geschmackssinn | (Dauer ca. 1 Stunde)

Samstag 17.9.2022

16 Uhr Samuel Klemke: Musik-Performance
17 Uhr Stefan Petermann: Lesung „Mindestnähe“

Freitag 11.11.2022

16 Uhr Falk Zenker: Live Konzert

Die Ausstellung wird unterstützt durch: